Entzündungserkrankungen besser verstehen

Entzündungserkrankungen besser verstehen

Entzündungen sind an einer Fülle unterschiedlicher Erkrankungen beteiligt, beispielsweise Infektionen mit Bakterien oder Viren, Krebs, Alzheimer oder Diabetes. Die Erforschung der vielfältigen Entzündungsreaktionen erfordert jedoch die Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftsdisziplinen. Das Max Planck – The University of Tokyo Center of Integrative Inflammology soll eine solche Plattform zur Vernetzung bieten, um die Forschungsprojekte der beiden Organisationen zu bündeln und den Erfahrungsaustausch zwischen den Disziplinen zu erleichtern. „Die Entzündungsforschung wird eines der zentralen Themen in der Medizin der kommenden Jahre sein. Nur wenn die bislang oft getrennt voneinander arbeitenden Forschungsdisziplinen enger zusammenarbeiten, können wir Entzündungserkrankungen in Zukunft besser erkennen und behandeln“, sagte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft Peter Gruss anlässlich der Vertragsunterzeichnung.

Entzündungsreaktionen schützen den Körper vor schädlichen Einflüssen wie Krankheitserregern und entarteten Zellen. Das funktioniert aber nur, wenn sie exakt reguliert werden und nicht übers Ziel hinausschießen. Denn sonst schaden die Abwehrreaktionen mehr als sie nützen. Insbesondere chronische Entzündungen können zu Gewebeschäden führen und so Erkrankungen verschlimmern oder neue Krankheitsbilder hervorrufen.

An Entzündungsreaktionen sind eine Fülle unterschiedlicher Zellen, Botenstoffe und Signalwege beteiligt. Diese Zusammenhänge versuchen Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft und der Universität Tokio zu entschlüsseln. „Die Entzündungsforschung gab es bislang nicht als eigene Disziplin. Die Wissenschaftler, die an den verschiedenen Aspekten dieses Forschungsgebiets arbeiten, sind deshalb noch nicht miteinander vernetzt. Das neue Zentrum soll deshalb die verschiedenen Ansätze zusammenführen und eine Integrative Entzündungsforschung begründen“, sagt Rudolf Grosschedl vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, zusammen mit Tadatsugu Taniguchi von der Universität Tokio leitender Direktor des neuen Zentrums.

Einer der Schwerpunkte des Zentrums wird die Erforschung der Zellen sein, die an Entzündungen beteiligt sind. Insbesondere die weißen Blutkörperchen spielen bei Entzündungen eine zentrale Rolle. Damit weiße Blutkörperchen in Geweben Entzündungsreaktionen hervorrufen können, müssen sie zunächst einmal aus den Blutgefäßen herauskommen. Wie die Zellen sich jedoch an den Wänden der Blutgefäße festsetzen und sich durch sie hindurchzwängen, wissen wir noch nicht im Detail. Darüber hinaus widmen sich die Wissenschaftler der Frage, welche genetischen Faktoren die Bildung und Funktion von Immunzellen steuern, der sogenannten B- und T-Zellen. Außerdem wollen die Forscher untersuchen, wie neue Blut- und Lymphgefäße gebildet werden.

Eine weitere Forschergruppe beschäftigt sich mit den Signalstoffen, die Entzündungsreaktionen steuern. Dazu zählen lösliche Botenstoffe wie die Cytokine oder Interleukine, aber auch Proteine auf der Oberfläche von Zellen, an die sich Immunzellen anheften können. Wie diese Moleküle mit anderen Signalstoffen wie Neurotransmittern und Hormonen zusammenwirken, ist bislang nicht ausreichend erforscht. Daneben werden die Wissenschaftler die Faktoren untersuchen, die Insulinresistenz und Übergewicht auslösen können und die so an chronisch entzündlichen Erkrankungen wie Diabetes beteiligt sind. Zudem wollen sie klären, warum Diabetes-Patienten besonders gefährdet sind, an Tuberkulose zu erkranken.

Entzündungen sind oft Folge von Infektionen mit Bakterien und Viren. Dabei verursachen oder verstärken sie Begleiterkrankungen. Eine dritte Forschergruppe konzentriert sich deshalb auf die Wechselwirkungen zwischen dem befallenen Organismus und weit verbreiteten Krankheitskeimen wie den Erregern von Entzündungen der Magenschleimhaut (Helicobacter pylori), Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis) sowie Herpes- und Grippe-Viren. Im Fokus steht dabei auch das Zusammenspiel zwischen Immunzellen bei Ko-Infektionen, z.B. Tuberkulose und Grippe.  

Das zunächst auf fünf Jahre angelegte Zentrum für Integrative Entzündungsforschung wird auf dem Campus der Universität Tokio angesiedelt sein. So profitieren die beteiligten Wissenschaftler von der Nähe des Universitätsklinikums, mit dem das Zentrum eng kooperieren wird. Die Forscher werden aber nicht nur am Center selbst arbeiten, sondern auch an den beteiligten Max-Planck-Instituten und der Universität Tokio. Regelmäßige Aufenthalte an den Partnereinrichtungen sollen den intensiven Austausch von Ideen und Ergebnissen befördern. Ein weiteres Ziel ist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Das Zentrum bietet dazu Trainingsprogramme für Doktoranden und Forschungsaufenthalte in den Laboratorien der Partnerinstitute an. Junge Wissenschaftler sollen so mit dem neuen Forschungsgebiet der Integrativen Entzündungsforschung vertraut gemacht werden. Herausragende Nachwuchswissenschaftler können zudem als Max Planck Junior Fellows für einen Zeitraum von fünf Jahren eigenverantwortlich forschen.

HR (MPG)

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