ERC Consolidator Grant für Ivan Bedzhov

Ivan Bedzhov, Leiter der Forschungsgruppe “Embryonic Self-Organization“ am münsterschen Max-Planck-Institut, erhält einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrates

17. März 2022

Ivan Bedzhov, Leiter der Forschungsgruppe "Embryonic Self-Organization" am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin erhält einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats. Das Labor von Ivan Bedzhov wird über einen Zeitraum von fünf Jahren 2 Millionen Euro erhalten, um den Prozess der Embryonenruhe zu untersuchen. Das Projekt zielt darauf ab, zu verstehen, wie der Säugetierembryo seine Lebensfähigkeit und sein Entwicklungspotenzial über längere Zeiträume in einem Zustand des Scheintodes bewahrt.

Schwangerschaft und die Aufzucht des Nachwuchses sind für Mütter sehr energieaufwendig. Interessanterweise können einige Säugetiere die Embryonalentwicklung während energieaufwendiger Perioden, wie den kalten Wintermonaten, unterbrechen. Dieses Phänomen wurde erstmals Mitte des 18. Jahrhunderts entdeckt, als Jäger beim Rehwild eine unerklärliche Diskrepanz zwischen dem Zeitpunkt der Paarung und dem Fortschreiten der Trächtigkeit feststellten. Da die Paarung im Sommer stattfindet, sollte man erwarteten, dass die Kitze im Winter zur Welt kommen. Stattdessen kommt die Embryonalentwicklung in einem sehr frühen Stadium (Blastozystenstadium) kurz vor der Einnistung für mehrere Monate zu Ruhe. Durch diese Verzögerung werden die Kitze erst im Mai oder Juni geboren, wodurch sich die Überlebenschancen der Kitze verbessern.

Im Laufe der Jahre wurde die embryonale Diapause bei mehr als 130 Säugetierarten festgestellt, wie z. B. bei Ottern, Robben, Fledermäusen, Opossums, Kängurus und bei der Hausmaus, dem bevorzugten Modellorganismus für die biomedizinische Forschung.

Obwohl der Prozess der "normalen" (vorübergehenden) Embryogenese bei der Maus intensiv untersucht wurde, ist die embryonale Diapause immer noch ein äußerst rätselhafter Zustand. Wie der schlafende Embryo über längere Zeiträume in einem "Tiefschlaf" verbleibt, ohne sein Entwicklungspotenzial zu beeinträchtigen, ist immer noch unklar. Das Verständnis der zellulären Mechanismen der Embryo-Diapause ist das Hauptziel des vom ERC finanzierten Projekts mit dem Akronym MORPHEUS (Morpheus, Μορφέας, der griechische Gott der Träume).

Das Projekt konzentriert sich auf die so genannte pluripotente Linie des frühen Embryos, die die Zellen enthält, die den Körper des Tieres bilden werden. Zuvor hatte die Gruppe von Ivan Bedzhov herausgefunden, dass sich die Form und die Signalaktivität dieser Zellen während der Ruhephase des Embryos dynamisch umgestalten. Dies deutet darauf hin, dass die Diapause kein Stillstand ist, sondern einen dynamischen Prozess darstellt. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Gewinnung embryonaler Stammzellen (ES) aus ruhenden Embryonen paradoxerweise effizienter ist als bei "normalen" Blastozysten.

Durch den Einsatz modernster Technologien mit Einzelzellauflösung wird die vom ERC finanzierte Forschung dazu beitragen, die geheimnisvollen Mechanismen zu entschlüsseln, die die Lebensfähigkeit und das Entwicklungspotenzial der pluripotenten Zellen in einem Zustand des Scheintods erhalten.

Zusätzlich zu den grundlegenden Kenntnissen über die Embryogenese der Maus kann dieses Projekt die Wissenschaft voranbringen, indem es Einblicke in die Embryonalentwicklung von stark gefährdeten (z. B. Seelöwen) und gefährdeten Tierarten (z. B. Pandabären, Eisbären) liefert, die die Diapause als Fortpflanzungsstrategie nutzen.

Darüber hinaus kann das Projekt die physiologischen Grundlagen der an der Aufrechterhaltung von ES-Zellen in vitro beteiligten Signalwege aufdecken. Diese Zellen stellen ein großes Versprechen für Zellersatztherapien dar, da sie eine unübertroffene Fähigkeit haben, sich in alle Zelltypen des Körpers zu differenzieren.

Schließlich könnte die Aufklärung der Mechanismen der embryonalen Diapause verborgene Parallelen zu anderen ruhenden Zelltypen wie adulten Stammzellen und ruhenden Krebszellen aufdecken und damit neue Wege für die Grundlagen- und angewandte Forschung eröffnen.

Über Ivan Bedzhov

Ivan Bedzhov studierte Molekulare Biologie (BSc), Gentechnik und Zelltechnologie (MSc) an der Universität Sofia in Bulgarien und promovierte am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik und an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Anschließend war er als Postdoktorand an dem WT/CRUK Gurdon Institute und im Department of Physiology, Development and Neuroscience, University of Cambridge in England. Ende 2015 wechselte er als Leiter einer DFG Emmy Noether Forschungsgruppe an das Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster.

Über den ERC Consolidator Grant

Der Europäische Forschungsrat, der 2007 von der Europäischen Union eingerichtet wurde, ist die erste europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Jedes Jahr wählt und finanziert er die besten und kreativsten Forscherinnen und Forscher jeder Nationalität und jeden Alters aus, um Projekte mit Sitz in Europa durchzuführen. Der ERC hat drei Hauptfinanzierungsprogramme: Starting Grants, Consolidator Grants und Advanced Grants. Die Förderung wird allein nach den Kriterien der wissenschaftlichen Exzellenz vergeben.

Der Consolidator Grant richtet sich an vielversprechende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, deren Promotion sieben bis zwölf Jahre zurückliegt und die ihre Unabhängigkeit durch den Aufbau eines Forschungsteams festigen und eine erfolgreiche Karriere in Europa fortsetzen möchten.

Bei der aktuellen Förderungsrunde wurden 2.652 Einträge eingereicht, von denen 12 % die Förderung erhalten.

 

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